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Das Leben eines Tönnies-Schweines

Seit dem Corona-Ausbruch bei Mitarbeitern vom Fleischproduzenten Tönnies in Deutschland, sind Schlachthöfe und Tierhaltung wieder vermehrt im Gespräch: Die Tierrechtlerin Friederike Schmitz beschreibt das Leben eines typischen Tönnies-Schweines – von seiner Geburt bis zur Schlachtung.

Das Leben eines typischen Tönnies-Schweins beginnt in der Schweinezuchtanlage. Dort werden die Säue in Deutschland häufig zur Besamung in Kastenständen gehalten. Bis zu vier Wochen verbringen sie dort, ohne sich bewegen zu können. Dann kommen sie eine Weile in Gruppenhaltung und zur Geburt wieder in einen körpergroßen Käfig. Und da werden die Ferkel geboren. In der Natur würde die Mutter jetzt ein Nest bauen, die Ferkel beschnuppern, ihnen zeigen, wo es essen gibt, sie aufziehen, wie es alle Säugetiere machen. Das alles ist dort nicht möglich.

Den Schweinen werden dann die Ringelschwänze abgeschnitten. In den Mastanlagen würde sie sich die sonst später gegenseitig abfressen: aus Stress und Langeweile. Außerdem werden den männlichen Ferkeln ohne Betäubung die Hoden herausgeschnitten. Die Schweine entwickeln sonst in ihrer Pubertät – also mit zirka einem halben Jahr – eine bestimmten Ebergeruch. Solches Fleisch lässt sich nicht gut verkaufen.

Nach drei bis vier Wochen werden die Ferkel dann der Mutter weggenommen und kommen in einen Aufzuchtstall. Sie ziehen dann mehrmals um – entweder innerhalb eines Betriebes, oft aber auch zwischen mehreren Betrieben. Wie viel Platz sie haben, richtet sich nach ihrem Gewicht: Unter 50 Kilogramm haben sie einen halben Quadratmeter Platz, das steigert sich bis 0,75 Quadratmeter pro Schwein mit 110 Kilos. Das ist dann auch das Schlachtgewicht.

In der Mastanlage haben sie unter sich einen Spaltenboden, der Kot und Urin durchlassen soll. Das klappt natürlich nur bedingt. Dort können sie eigentlich nichts machen, was sie unter natürlichen Umständen gern machen würden. Schweine sind lebhafte, neugierige Tiere. Zur Nahrungssuche wühlen sie eigentlich im Boden. Das geht da nicht.

Zur Körperpflege und Abkühlung würden sie sich suhlen. Das können sie in der Mastanlage bestenfalls in den eigenen Exkrementen. Schweine rennen und erkunden gern die Gegend. Auch das ist unmöglich. In Deutschland ist es vorgeschrieben, ihnen Beschäftigungsmaterial zu bieten. Das ist häufig ein Holzklöppel an einer Metallkette. Auf dem kauen sie ein bisschen herum, verlieren aber schnell wieder das Interesse. Schweine sind eben auch recht schlaue Tiere. Für die ist es nicht so spannend, die ganze Zeit an einem Holzklotz herumzukauen.

Ihrem normalen Sozialverhalten können sie natürlich auch nicht nachgehen. Auch Krankheiten und Verletzungen sind weit verbreitet. An den Spaltenböden verletzen sie sich die Klauen. Von den Kot- und Urindämpfen bekommen sie Lungenkrankheiten. Viele Tiere sind krank, obwohl sie nur ein halbes Jahr alt werden. Viele Schweine sterben lange, bevor sie geschlachtet werden. Deutschlandweit über tausend Schweine pro Tag verhungern oder verenden an unbehandelten Wunden.

Die Übrigen werden nach sechs Monaten geschlachtet. Unter anderen Bedingungen können Schweine bis zu zehn Jahre alt werden. Die Betäubung geschieht entweder per Gas oder per Elektrozange. Beides bringt Leid mit sich. Bei Tönnies werden Gruppen von Schweinen in einem Aufzug in einen Bereich mit Kohlendioxid heruntergefahren.

Die Schweine durchleben dort einen Todeskampf: Sie haben das Gefühl zu ersticken und schnappen nach Luft. Im Anschluss werden sie wieder nach oben gefahren. Dort werden sie an den Füßen aufgehängt und per Messerstich getötet. Wenn sie ausgeblutet sind, kommen sie in ein heißes Brühbad, wo die Borsten entfernt werden. Im Anschluss werden sie von Arbeiterinnen und Arbeitern zerlegt. So ergeht es 55 Millionen Schweinen pro Jahr in Deutschland.

Es sei denn, das Schwein wird nicht richtig abgestochen und blutet so nicht rechtzeitig aus. Wenn die Betäubung nachlässt, wacht es dann zum Beispiel in dem heißen Brühbad wieder auf. Das betrifft nach Schätzungen etwa 500´000 Schweine pro Jahr.


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